Urheberrecht & Musik: Was Sie über Sampling, das Covern von Liedern & Co. wissen müssen

Interview
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„Das ist alles nur geklaut, das ist alles gar nicht meine“ sangen schon die Prinzen 1993. Das mit dem geistigen Eigentum ist so eine Sache: Sampeln, Covern, Kopieren und Bearbeiten – Musikrechte sind oft kompliziert und undurchschaubar. Um Licht ins Dunkel zu bringen, haben wir uns mit dem Hamburger Musikgutachter und Musikrechtsexperten Heiko Maus unterhalten. Lesen Sie, was Sie aus rechtlicher Sicht beachten sollten, wenn Sie Lieder covern, Musik sampeln, bearbeiten oder kopieren.

 

Interviewpartner Heiko Maus im Porträt
Musikrecht_Heiko-MausProduzent von Werbemusiken, Gründer einer Werbeagentur, Dozent an der audioacademy.de, Musikberater und Musikjournalist – Heiko Maus hat sich bereits auf vielfältigste Weise mit dem Thema Musik auseinandergesetzt. Seit 2006 ist der Hamburger als Musikgutachter und Musiksachverständiger tätig. Mehr über Heiko Maus und nützliche Informationen rund um das Thema Musikrecht erfahren Sie auf seinen Websites musikberater.com und musikgutachter.de.

Was steckt dahinter?

Die Prinzen singen in Alles nur geklaut: „Hoffentlich merkt keiner den Betrug!“ Doch was genau gilt als Betrug, wenn es um bearbeitete Musik geht? Musikexperte Heiko Maus klärt zunächst auf, was man unter Begriffen wie dem „Sampeln“, „Covern“, „Kopieren“ und „Bearbeiten“ von Musik versteht.

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Fremde Musik bearbeiten: Hier unterscheidet man zwischen verschiedenen Arten.

Sampeln

„Beim Sampeln werden konkrete Ausschnitte aus veröffentlichten Aufnahmen übernommen. Samples sind hundertprozentige Digitalkopien aus Akustikaufnahmen. Selbst tontechnische Verfremdung hebt den rechtlichen Schutz von Samples nicht auf.

Meistens sind die Samples sehr kurz. Es werden daher selten urheberrechtlich schutzwürdige Teile übernommen. Allerdings bestehen Leistungsschutzrechte an der Aufnahme (Einspielung, Tontechnik, Produktion). Daher müssen Samples beim Rechteinhaber, in der Regel ist es der Tonträgerhersteller, lizensiert werden.“

Covern

„Beim Covern wird ein bereits veröffentlichtes musikalisches Werk von einem anderen Künstler aufgeführt oder veröffentlicht. Die Neuinterpretation kann erfolgreicher sein als das Original, das dadurch quasi ‚verdeckt‘ oder ‚überdeckt‘ wird (to cover: engl. verdecken).

Ein Cover darf selbst keine neuen persönlichen Schöpfungen aufweisen. Das Originalwerk muss getreu wiedergegeben werden, nur rein handwerkliche Änderungen sind möglich.

Eine Coverversion ist eine Neuinterpretation und keine Neuschöpfung. In der Praxis wird häufig darüber gestritten, ob eine Coverversion oder eine Bearbeitung vorliegt.“

Kopieren

„Kopieren ist der allgemeine Begriff für die Übernahme aus einem fremden Werk. Die direkte Kopie der Aufnahme heißt Sample.

Musik kann auch in anderer verkörperlichter Form vorliegen, zum Beispiel als Noten. Die Vervielfältigung von Notendrucken ist demnach ebenfalls eine Kopie.

Eine rechtlich unbedenkliche Kopie ist die freie Benutzung. Hierbei wird zwar etwas aus einem anderen Werk übernommen, doch die eigenschöpferischen Anteile sind so hoch, dass das übernommene Werk im Hintergrund verblasst und nicht werkprägend ist. Die freie Benutzung ist nur bei komplexen Werken möglich und kommt in der Popmusik selten vor.“

Bearbeiten

„Wenn ein Interpret ein Werk eines anderen Urhebers veröffentlicht und dabei eigene schöpferische Leistungen erbringt, handelt es sich um eine Bearbeitung. Während bei der Coverversion der Originalschöpfer alleiniger Urheber ist, hat ein Bearbeiter selbst Urheberrechte an seinen Werkteilen. Eine Bearbeitung gestaltet das Originalwerk um, fügt neue Ideen hinzu, lässt Teile aus oder verändert einige Teile.

Spätestens, wenn dadurch der Ausdrucksgehalt erheblich vom Original abweicht, liegt eine Bearbeitung vor. Arrangements sind in der Regel ebenfalls Bearbeitungen. Wenn gemeinfreie Werke (etwa Volkmusik) umgestaltet beziehungsweise arrangiert wird, gilt für die Feststellung der Schöpfungshöhe der zweite Beurteilungsmaßstab.

Schon kleine Ideen gelten normalerweise als geistige Schöpfungen (Recht der ‚kleinen Münze‘). Um folkloristische Aufführungen (Trachtenfeste o. ä.) zu schützen, wurde die Bearbeitung 1985 eingeschränkt. Wer ein Volkslied umgestaltet, muss also schöpferisch mehr leisten als bei einem geschützten Werk, damit seine Umgestaltung als Bearbeitung schutzwürdig ist.“

Musikrecht für Musikschaffende: Das müssen Sie wissen

Ihnen schwirrt der Kopf bei so vielen unterschiedlichen Begriffen und Definitionen? Das Musikrecht kann Laien schnell wie ein undurchdringlicher Paragraphenwald erscheinen. Was Sie als Musikschaffender beachten müssen, haben wir im Folgenden für Sie zusammengefasst.

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Bei der Veröffentlichung von Musikwerken sollten Sie klären: Werden dadurch Urheberrechte verletzt?

Musikwerke veröffentlichen: Das gilt aus rechtlicher Sicht

Um nach der Veröffentlichung oder Aufführung eines Werkes keine Probleme zu bekommen, rät Heiko Maus Musikern: Die erforderlichen Lizenzen sind vorab zu klären, damit es am Ende keine böse Überraschung gibt.“

Hier müssen Sie als Musikschaffender unter Umständen Rechte einholen:

  • Bearbeitungsrechte: beim Verlag
  • Samplingrechte: beim Label
  • Aufführungsrechte: beim Verlag oder Urheber

„Der Urheber kann die Bearbeitung seines Werkes verweigern, daher muss das Bearbeitungsrecht beim Urheber oder dessen Vertreter (Musikverlag) vor der Veröffentlichung eingeholt werden“, erklärt Musikgutachter Maus.

So sichern Sie sich rechtlich ab

Heiko Maus empfiehlt Musikern grundsätzlich, sich vor der Veröffentlichung rechtlich abzusichern.

„Coverversionen sind unbedenklich, wenn der Urheber Mitglied der GEMA ist. Ansonsten benötigt man auch hier eine Genehmigung“, so der Musikexperte. „Werke, die bei der GEMA gelistet sind, werden durch den Kontrahierungszwang der GEMA für Coverversionen freigegeben. Es reicht daher eine Anmeldung des Covers bei der GEMA.“

Sollten Sie sich unsicher sein, ob es sich bei dem von Ihnen umgestalteten Werk um eine Coverversion, freie Benutzung, ein Zitat oder eine Bearbeitung handelt, können Musikgutachter für Klarheit sorgen, indem Sie das Werk unter urheberrechtlichen Aspekten analysieren. Wenn beispielsweise Verlage eine Coverversion als vermeintliche Bearbeitung ablehnten, so Maus, könnten Gutachten für eine unkomplizierte Rechteklärung sorgen. „So können rechtliche Auseinandersetzungen oft verhindert werden.“

Was passiert, wenn Reche verletzt wurden?

Wenn durch die Veröffentlichung eines Werks Urheber- oder Leistungsschutzrechte verletzt werden, drohen „Abmahnungen, einstweilige Verfügungen und Schadenersatzforderungen“, klärt Heiko Maus auf. Das heißt, „Aufführungen und die Verbreitung von bereits erstellten Tonträgern können verhindert und Lizenzen können nachträglich eingefordert werden.“ Geht das Ganze vor Gericht, können außerdem durch die Gerichtskosten und Schadenersatzansprüche erhebliche wirtschaftliche Schäden entstehen.

Auf Nummer sicher: So dürfen Sie fremde Noten verwenden

Gerade Chöre, Orchester und Musikschulen greifen regelmäßig auf fremde Musik zurück und bringen Stücke anderer Musiker zur Aufführung. Worauf gilt es hier zu achten?

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Wer fremde Musikwerke aufführt, sollte über die rechtlichen Grundlagen Bescheid wissen.

Musikrecht für Chöre

„Ein Urheber bestimmt über die Aufführungs-, Vervielfältigungs-, Veröffentlichungs- und Verbreitungsrechte seiner Werke. Er kann diese Rechte von einem Verlag oder einer Verwertungsgesellschaft wie der GEMA vertreten lassen“, so Heiko Maus.

Will ein Chor ein Werk zur Aufführung bringen, muss er diese Rechte erwerben. Das bedeutet unter anderem, dass der Chorleiter keine Kopien erstellen darf, sondern vielmehr die Originalnoten beschaffen muss. Generell stellen Verlage Aufführungsmaterial zur Verfügung.

Noch einfacher: Bestellen Sie Ihre Noten im Original direkt hier bei alle-noten.de

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Chöre müssen bei öffentlichen Konzerten die Originalnoten verwenden, Kopien sind tabu.

Musikrecht für Schulen

Für öffentliche Schulen gilt eine Ausnahme: Kopien in kleinerem Umfang sind hier durchaus zulässig.

„Im Urheberrecht gibt es Schranken, die Rechte des Urhebers werden zugunsten des Gemeinwohls eingeschränkt“, erläutert Maus. „Bildung und musikalische Förderung stehen über dem Persönlichkeitsrecht des Urhebers. Daher dürfen öffentliche Schulen Noten zu Unterrichtszwecken in kleinen Teilen kopieren: Einzelwerke bis 6 Seiten oder maximal 20 Seiten aus größeren Werken.“

Private Musikschulen können Jahreslizenzgebühren erwerben, mit denen das Kopieren von Noten möglich ist.

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Musiklehrer an Musikschulen dürfen Noten nur nach Lizenzerwerb zu Unterrichtszwecken kopieren.

Bei Konzerten: Aufführungsrechte einholen

Fremde musikalische Werk können nicht ohne Weiteres auf die Bühne gebracht werden.

Grundsätzlich gilt: Sobald Eintritt verlangt wird, handelt es sich um eine öffentliche Konzertveranstaltung wie bei jedem anderen Interpreten. Wenn Sie mit Ihrem Chor also fremde Werke öffentlich aufführen möchten, müssen Sie die Urheberechte des Rechteinhabers berücksichtigen und sich gegebenenfalls mit den Verlagen und der GEMA auseinandersetzen.

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Bei öffentlichen Konzerten müssen die Aufführungsrechte beachtet werden.

„Wenn ein Werk bereits veröffentlich wurde, reicht die Anmeldung der Aufführung durch den Veranstalter bei der GEMA. Gleiches gilt für die Veröffentlichung oder Verbreitung durch CDs, Videos, Streams und so weiter“, erklärt Heiko Maus.

Gut zu wissen in Sachen Aufführungsrecht:

  • Bei der GEMA gibt es zahlreiche Tarife: Ein pädagogisches Konzert wird anders bewertet als ein rein kommerzielles.
  • Die GEMA verwaltet alle Aufführungsrechte des kleinen Rechts.
  • Bühnenwerke zählen hingegen zum großen Recht (Oper, Musical, Ballett): Hier müssen die Aufführungsrechte beim Musikverlag oder direkt beim Urheber eingeholt werden.
  • Werktreue Aufführungen sind unproblematisch, Bearbeitungen müssen vorab genehmigt werden!

Wir danken Heiko Maus für das aufschlussreiche Interview. Wenn Sie sich ausführlicher mit dem Thema Musikrecht beschäftigen wollen, lohnt sich ein Besuch auf Heiko Maus‘ Website musikgutachter.de.

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Musikrecht – Die Antworten

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GEMA, GVL & KSK – Die Praxishilfe für Musiker und Musikverwerter

9783937841557Mit Ausfüllhilfen, Rechenbeispielen und Checklisten zum optimalen Ergebnis – Dieser Ratgeber hilft jedem Musiker oder Musikverwerter sich im Behördendschungel zurechtzufinden. Die Funktionen der Institutionen werden ausführlich dargestellt. (3. aktualisierte Auflage, 9783937841557, € 28,00)

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