Ohne Nachbarschaftsstress in der Wohnung musizieren

Rechtliches

Übung macht den Meister, das Üben ist jedoch nicht immer meisterlich. Häusliches Musizieren stößt deshalb in einem Mietshaus selten auf offene Ohren. Wir geben einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen und haben Tipps parat, wie Musiker und ihre Nachbarn gut miteinander auskommen.

1,2 oder 3 Stunden – Urteile zum häuslichen Musizieren

Ein Musikinstrument zu üben darf auch in Mietwohnungen nicht verboten werden. Das Oberlandesgericht hat dazu ein klares Urteil gefällt und festgelegt, dass ein allgemeines Anrecht auf Musizieren besteht (OLG Hamm, Az. 15 W 122/80). Selbst das sonntägliche Üben eines Instruments gilt nicht per se als Ruhestörung.

In der Regel sollten maximal zwei Stunden Muszieren pro Tag gebilligt werden. Jedoch gibt es unterschiedliche Gerichtsurteile zur Hausmusik. Dabei variiert die erlaubte Übungsdauer je nach Gerichtsbeschluss – für das Klavier zum Beispiel von eineinhalb bis zu drei Stunden täglich.

Ob nur eine Stunde oder sogar drei Stunden Üben täglich – die Rechtsprechung ist für Heimmusiker sehr unterschiedlich (© iStock.com/DenisLarkin).

Ob nur eine Stunde oder sogar drei Stunden Üben täglich – die Rechtsprechung ist für Heimmusiker sehr unterschiedlich.

Akkordeon

Apropos Tasteninstrumente: Alle Akkordeonspieler unter Ihnen, die im Landkreis Kleve leben, dürfen ganze 90 Minuten pro Tag üben. So entscheid es das Landgericht Kleve (Az.: 6 S 70/90).

Die gute alte Quetschkommode – nicht alle Nachbarn schätzen ihren Klang (© iStock.com/MartinDegryse).

Die gute alte Quetschkommode – nicht alle Nachbarn schätzen ihren Klang.

Saxophon und Klarinette

Saxophon und Klarinette sind wunderbare Instrumente, klingen aber meist erst richtig gut, wenn die Musiker schon etwas länger üben. Doch auch Nachbarn von Neu-Saxophonisten müssen sich mit den meist eher schiefen Tönen im Haus arrangieren, so sieht es jedenfalls das Oberlandesgericht Karlsruhe. Saxophone und Klarinetten dürfen unter der Woche maximal zwei Stunden täglich und sonntags eine Stunde gespielt werden. (Az. 6 U 30/87)

Selbst bei zwei Stunden pro Tag muss das Üben interessant bleiben: Deshalb finden Sie bei uns im Shop eine große Auswahl an Bläsernoten.

Auch, wenn das Saxophon eine Jazz-Größe ist und sogar von Ex-US-Präsident Bill Clinton gespielt wird – nicht jeder Nachbar liebt die Übungsstunden (© iStock.com/ArtmannWitte).

Auch, wenn das Saxophon eine Jazz-Größe ist und sogar von Ex-US-Präsident Bill Clinton gespielt wird – nicht jeder Nachbar liebt die Übungsstunden.

Schlagzeug

Das Schlagzeug – von Musikern geliebt, von Nachbarn eher weniger. Doch die Landesgerichte drücken beim Trommeln gerne ein Auge zu. So erlaubt das Landgericht Freiburg, dass ein Musiker je eine Stunde am Vormittag und eine Stunde am Nachmittag die Drumsticks schwingen darf.

Raus aus der Schule, ran ans Schlagzeug – wer klagt, kann mit zwei Stunden Trommelzeit pro Tag belohnt werden (© iStock.com/alfernec).

Raus aus der Schule, ran ans Schlagzeug – wer klagt, kann mit zwei Stunden Trommelzeit pro Tag belohnt werden.

Damit die Nachbarn auch auf den Trommel-Geschmack kommen, finden Sie bei uns die passenden Noten für Schlaginstrumente.

Klavier

Das Klavier zählt wohl auch bei Anfängern zu den eher wohlklingenden Instrumenten. Deshalb darf hier auch bis zu drei Stunden pro Tag in einer Mietwohnung geübt werden. So entscheid es jedenfalls das Bayerische Oberste Landgericht (Az.: 2 Z BR 55/95).

Das Frankfurter Amtsgericht und das Oberlandesgericht Düsseldorf (I-9 U 32/05) sahen das jedoch anders und billigten Pianisten eine Höchst-Übungsdauer von je zwei und eineinhalb Stunden pro Tag.

Sie lieben Ihr Klavier, Ihr Nachbar jedoch nicht? Dann können Sie sich das Recht auf tägliches Klavierüben auch vor Gericht erstreiten (© iStock.com/monkeybusinessimages).

Sie lieben Ihr Klavier, Ihr Nachbar jedoch nicht? Dann können Sie sich das Recht auf tägliches Klavierüben auch vor Gericht erstreiten.

Fazit: Gute Chancen vor Gericht

Wie oft und wie lange Sie in Ihrer Mietwohnung Klavier oder Saxophon spielen dürfen, ist deutschlandweit nicht gesetzlich geregelt. Doch wie die Auswahl an Gerichtsentscheiden zeigt: Auch bei Klagen von Nachbarn steht das Recht meist auf Seiten der Musiker. Sogar das Bundesverfassungsgericht stärkte 2009 die Rechte von Hausmusiken und schmetterte eine Klage wegen Lärmbelästigung durch sonntägliches Klavierspielen ab. Damit es jedoch gar nicht erst so weit kommt, lohnt es sich vor Einzug und Erlernen eines neuen Instruments, ein paar Grundsätze zur Hausmusik zu beachten.

Grundsätzliches zur Hausmusik

Um 12 Uhr nachts in die Klaviertasten hauen? Keine besonders gute Idee. Denn:

  • Zwischen 22 Uhr abends und 7 Uhr morgens herrscht in Deutschland die Nachtruhe. Sie unterliegt gesetzlichen Vorschriften.

Auch zur Mittagszeit sollte es ruhig bleiben.

  • Die Mittagsruhe gilt in der Regel von 13 bis 15 Uhr, kann jedoch variieren, da sie individuell von Hausordnungen und Gerichtsurteilen festgelegt wird.
  • Wenn jedoch unbedingt in dieser Zeit gespielt werden muss, darf es nicht lauter als Zimmerlautstärke sein. (Oberlandesgericht München, Az. 13 U 2289/91)

Um Stress mit dem Vermieter und den Nachbarn zu vermeiden, ist es sinnvoll, schon vor dem Unterschreiben des Mietvertrags anzugeben, dass ein Musikinstrument gespielt wird. Hier kann auch ein extra Abkommen getroffen werden.

Besser mit offenen Karten spielen und schon vor Unterschreiben des Mietvertrags über das Musizieren sprechen (© iStock.com/mangostock).

Besser mit offenen Karten spielen und schon vor Unterschreiben des Mietvertrags über das Musizieren sprechen.

Die Hausordnung

Ein Blick in die Hausordnung ist ebenfalls wichtig, denn hier stehen meistens schon Regeln zum heimischen Musizieren. Oftmals ist der Beginn der offiziellen Nachtruhe für Musiker schon ab 20:00 Uhr festgelegt.

Wichtig: Auch, wenn in der Hausordnung steht, dass Musizieren im Haus verboten ist: Es hat keine rechtliche Grundlage. Das Üben eines Musikinstruments in der Wohnung darf nicht per Hausordnung untersagt werden.

Jedoch können sich die Nachbarn trotzdem auf die Hausordnung berufen, wenn dort zum Beispiel steht, dass das Musizieren nur sehr eingeschränkt gestattet wird oder nur auf Zimmerlautstärke. Ist dies der Fall, können Musiker eine Änderung der Hausordnung anstreben und im Ernstfall sogar einklagen.

Ausnahme Berufsmusiker

Nicht alle Hausmusikanten sind nur Hobby-Musiker. Was ist mit Berufsmusikern, die zu Hause für Auftritte üben müssen oder Unterricht geben? Hier gilt: Die Erlaubnis viel zu Musizieren muss im Mietvertrag stehen.

Sollte dennoch Stress mit den Nachbarn entstehen, haben Berufsmusiker gute Chancen vor Gericht, wie diese zwei Gerichtsentscheide demonstrieren:

  • Eine Klavierlehrerin darf werktags zwischen 7 und 17 Uhr spielen und zwischen 17 und 22 Uhr nochmal drei Stunden üben (Landgericht Frankfurt, Az. 2/25 O 359/89).
  • Der Familie eines Berufsmusikers wurde vom Landgericht Flensburg erlaubt, Geige, Bratsche, Cello und Violine täglich rund acht Stunden zu spielen (Landgericht Flensburg, Az. 7 S 167/92)

Bei Musikunterricht kann sich der Vermieter jedoch auch auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Az. VIII ZR 213/12) beziehen, die lautet: Der Vermieter muss es nicht dulden, wenn die vermietete Wohnung für geschäftliche Zwecke genutzt wird. Um einen Rechtsstreit zu vermeiden, ist es deshalb ratsam, einen externen Übungsraum zu finden, vorher mit dem Vermieter und Nachbarn einen Kompromiss zu finden oder den Übungsraum schalldicht zu isolieren.

Tipps für gute Nachbarschaft

Ziehen Sie als Neumieter in eine Wohnung, ist es sinnvoll, kurz bei Ihren Nachbarn Bescheid zu geben, dass Sie ein Musikinstrument spielen und zu fragen, ob das Üben für eine bestimmte Zeit pro Tag in Ordnung geht. Ist der Kontakt persönlicher, können eventuell entstehende Probleme so besser angesprochen und ein Kompromiss geschlossen werden, ohne gleich beim Gericht vorstellig zu werden.

Damit Ihre Nachbarn nicht vor Musik-Wut durch die Wand brechen, klären Sie besser vor Einzug oder Übungsbeginn alle Unstimmigkeiten (© iStock.com/vicnt).

Damit Ihre Nachbarn nicht vor Musik-Wut durch die Wand brechen, klären Sie besser vor Einzug oder Übungsbeginn alle Unstimmigkeiten.

Leben Sie schon länger in Ihrer Wohnung und Sie oder jemand aus Ihrer Familie beginnt das Spielen eines Instruments, ist es ebenfalls sinnvoll, kurz bei den Nachbarn Bescheid zu geben.
Achten Sie auch auf die Hellhörigkeit des Hauses, besonders dann, wenn Sie schon ein Instrument spielen und umziehen. Ebenso ist es ratsam, bei einem Umzug darauf zu achten, ob eher Familien, junge Leute oder ältere Menschen in einem Haus wohnen.

Motorsäge oder Musik? Die kleine Dezibel-Kunde

Eine der wichtigsten Fragen beim Musizieren ist natürlich: Wann ist laut zu laut? Wie laut ein Instrument ist, kann über den Sachallpegel gemessen werden. Als Maßeinheit dient der sogenannte Dezibel (dB). Der Schallpegel wird in der Einheit dB(A) angegeben, wenn auch die Belastungen durch Schall-Frequenzen berücksichtigt werden.

Das A steht für den A-bewerteten Schalldruckpegel. Im Gegensatz zu dB, der tastsächlichen Lautheit, misst dB(A) die auditiv wahrgenommene Lautstärke. So können zwei verschiedene Geräusche die gleichen dB-Werte verzeichnen, werden jedoch unterschiedlich laut wahrgenommen und haben somit einen unterschiedlichen dB(A)-Wert.

Experten gehen davon aus, dass bei mehr als 40 Dezibel die Zimmerlautstärke überschritten wird – was die meisten Musikinstrumente locker schaffen, wie unsere Liste zeigt (pro-audito):

  • Tasteninstrumente – 80 dB(A)*
  • Saiteninstrumente – 80 dB(A)*
  • Holzblasinstrumente – 90 dB(A)*
  • Blechblasinstrumente – 95 dB(A)*
  • Schlagzeug – 95 dB(A)*

*Durchschnittswert

Ein Schallpegel von 80 bis 100 dB(A) ist vergleichbar mit der Lautstärke von Autos, Presslufthämmern, Motorsägen oder LKWs.

Ob Sie in Ihrer Wohnung einen Presslufthammer betätigen oder Schlagzeug spielen – die Lärmbelästigung ist für Ihre Nachbarn ähnlich (© iStock.com/SIphotography).

Ob Sie in Ihrer Wohnung einen Presslufthammer betätigen oder Schlagzeug spielen – die Lärmbelästigung ist für Ihre Nachbarn ähnlich.

Tipps zum leisen Musizieren

Musizieren, ohne die Nachbarn zu stören – das geht zum einen mit Kopfhörern für E-Gitarren und elektronische Tasteninstrumente, wie das Keyboard oder das E-Piano.

Tipp für Drummer: E-Drums erzeugen erst Lärm, wenn sie an einen Lautsprecher angeschlossen sind. Wie auch bei E-Gitarren können Sie hier Kopfhörer anschließen und so, ohne die Nachbarn zu stören, trommeln.

 

Mit Kopfhörern hören nur Sie Ihre Musik (© iStock.com/nataistock).

Mit Kopfhörern hören nur Sie Ihre Musik.

Für leise Töne – Dämpfer

Für Blasinstrumente, Saiteninstrumente und Tasteninstrumente gibt es spezielle Dämpfer, die das Nachklingen verhindern oder den Ton dämpfen.

Streichinstrumente

  • Eine Klemme macht den Ton weicher und leiser.
  • „Hoteldämpfer“ sind aus Metall und machen den Ton sehr leise, verändern jedoch auch das Ansprechverhalten des Streichinstrumentes.

Blechblasinstrumente

  • Ein Dämpfer aus Holz, Metall, Pappe oder Kunststoff wird in den Schalltrichter gesteckt und dämpft so die Töne.

Tasteninstrumente

  • Der „Moderator“ ist ein Filzlappen, der zwischen Saite und Hammer liegt – er sorgt für einen dumpfen und leiseren Klang. Viele Klaviere sind bereits mit einem Moderator ausgestattet, der durch das Betätigen des mittleren Pedals verwendbar ist. Er kann aber auch nachträglich eingebaut werden.
  • Mit dem Treten des linken Pedals wird die gesamt Mechanik des Flügels leicht verschoben, wodurch pro Taste statt drei nur noch zwei bzw. eine Saite angeschlagen werden, wodurch der Ton weniger stark nachklingt, allerdings auch in seiner Qualität leicht verändert wird.
Belastungen von 80 Dezibel und mehr sind auf Dauer nicht gut für die Ohren – spezieller Gehörschutz hilft dagegen (© iStock.com/terex).

Belastungen von 80 Dezibel und mehr sind auf Dauer nicht gut für die Ohren – spezieller Gehörschutz hilft dagegen.

Die eigenen Ohren schützen

Gerade bei sehr lauten Instrumenten wie dem Schlagzeug ist ein Gehörschutz wichtig, denn wenn die Nachbarn schon Ihr Trommeln hören können, werden Ihre Ohren umso mehr belastet. Dafür gibt es spezielle Arten von Schutz, die in Form von Ohrstöpseln kaum auffallen. Ohropax allein reichen jedoch nicht aus.

Tipp: Achten Sie beim Kauf von Gehörschutz immer auf eingebaute Filter, die das Hören eines optimalen Klangs ermöglichen und gleichzeitig Lärm von Ihrem Gehörgang fernhalten.

Jetzt sind Sie gefragt: Wohnen Sie in einer Mietwohnung, Doppelhaushälfte oder einem Reihenhaus und hatten schon einmal Stress mit den Nachbarn? Oder mögen Ihre Nachbarn Musik und haben sich bisher nie beschwert? Wie haben Sie Konflikte gelöst und wie lebt es sich als Musiker/in mit Nachbarn? Wir freuen uns auf Ihre Kommentare.

Und damit die Nachbarn weiterhin freudig Ihrer Musik lauschen oder selbst zu Musik-Freunden werden, finden Sie in unserem Shop natürlich passende Noten aller Art zum Üben – von Tasteninstrument bis Schlagzeug.

 


Bildnachweise:
Bild 1: © iStock/Chalabala; Bild 2: © iStock/DenisLarkin; Bild 3: © iStock/MartinDegryse; Bild 4: © iStock/ArtmannWitte; Bild 5: © iStock/alfernec; Bild 6: © iStock/monkeybusinessimages; Bild 7: © iStock/mangostock; Bild 8: © iStock/vicnt; Bild 9: © iStock/SIphotography; Bild 10: © iStock/nataistock; Bild 11: © iStock/terex