Atemübungen beim Singen: Der Weg zur richtigen Atemtechnik

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Unterricht zu Atmentechnick beim Singen

Atemübungen gehören zum Singen dazu wie der Gesang an sich. Denn mit gezielten Übungen sorgen Sie für eine feste und wirkungsvolle Stimme. Doch wie trainiert man die Atmung für das Singen richtig? Wir erklären Ihnen, welche Atemtechnik die beste ist und mit welchen Übungen Sie die Atmung perfektionieren.

Die Atmung als Grundstein des Gesangs

Damit Sie den Ton beim Singen lange halten können und Ihre Stimme kraftvoll klingt, ist es wichtig die richtige Atemtechnik zu beherrschen. Kurz gesagt: Sie brauchen eine Atemstütze, das heißt eine Stütze des Unterbauchs.

Mit der Atemstütze kontrollieren Sie das Zwerchfell und so auch die Luft beziehungsweise Ihre Atmung. Damit sorgen Sie nicht nur für eine tolle Stimme, sondern beugen auch Heiserkeit vor.

So funktioniert die Atemstütze Schritt für Schritt:

  1. Einatmen und Zwerchfell anspannen: Beim Einatmen müssen Sie nicht viel beachten. Atmen Sie ganz genau ein und spüren Sie, wie sich Ihr Zwerchfell im Bauch absenkt.
  2. Zwerchfell halten und ausatmen: Versuchen Sie, das Zwerchfell abgesenkt zu halten. Dabei hilft es, eine Hand auf den Bauch zu legen und langsam auszuatmen. Merken Sie, wie Sie Ihren Atem deutlich langsamer entweichen lassen können?

Zwerchfell beim Ein- und Ausatmen

Unser Tipp: Testen Sie die Atemstütze, indem Sie den Buchstaben „S“ versuchen zu halten. Wie lange können Sie den Laut mit und ohne Stütze aufrechterhalten, bevor Ihnen die Luft ausgeht?

5 effektive Atemübungen fürs Singen

Wie Sie in die Atemstütze finden und diese auch beim Singen nicht vergessen, ist vor allem eines wichtig: Übung. Hier nur einige Atemübungen, mit der Sie Ihre Technik verbessern können:

1.   Entspannen im Liegen: Spüren Sie Ihren Atem

Wenn Sie ganz am Anfang sind, Ihre Atemtechnik zu verbessern, sollten Sie zunächst Ihren Körper und Ihre Atmung ganz genau kennenlernen. Dabei hilft es, sich auf den Boden zu legen, da Sie so entspannter sind. Die vollständige Übung funktioniert so:

  1. Auf den Boden legen: Legen Sie sich mit dem Rücken auf den Boden und geben Sie dabei das Gewicht Ihrer Körperteile vollständig an den Boden ab. Dabei kann es helfen, jedes Körperteil einzeln durchzugehen, zum Beispiel: „Zuerst gebe ich das Gewicht meines linken Beines an den Boden ab“. Schmerzt ihr Rücken, wenn Sie ausgestreckt am Boden liegen, können Sie die Beine auch anwinkeln. Wichtig ist nur, dass Sie vollständig entspannt sind.
  2. Hand auf den Bauch legen: Legen Sie Ihre Hand dort auf den Bauch, wo Sie Ihren Atem spüren. Ziel sollte es sein, dass Sie Ihre Atmung unterhalb des Bauchnabels spüren, atmen Sie also tief in den Bauch ein und wieder aus.
  3. Ausatmen auf „F“: Nehmen Sie anschließend beim Ausatmen auch den Konsonanten „F“ hinzu. Spüren Sie, wie die Luft über Ihre Lippen entweicht?
  4. Atempause spüren: Nachdem all die Luft beim Ausatmen entwichen ist, sollten Sie eine kurze Atempause spüren. Das ist der Moment der vollkommenen Entspannung, bevor Sie wieder mit dem Einatmen beginnen.

2.   F-S-Sch und P-T-K: Eine Atemübung fürs Zwerchfell

Die nächste Atemübung dient dazu, das Zwerchfell als Muskel zu trainieren oder es auch vor dem Singen aufzuwärmen:

Die Übung Schritt für Schritt:

  1. Finden Sie eine bequeme Haltung: Sie können die Übung am Anfang im Liegen machen, später auch im Sitzen oder im Stehen. Wichtig ist, dass Sie Ihre Atmung gut spüren können.
  2. Sprechen Sie die sechs Konsonanten: Sprechen Sie zunächst die Folge F-S-Sch immer und immer wieder. Fühlen Sie dabei, wie die Laute von vorne nach hinten im Mund „wandern“? Genauso unterschiedlich wie die Bildung der Laute im Mund, beanspruchen sie auch das Zwerchfell und trainieren es so. Wiederholen Sie dasselbe mit P-T-K.
  3. „Punkte setzen“: Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Leinwand vor sich und wollen drei gleich große Punkte darauf sprühen. Beginnen Sie mit dem Konsonanten „F“ und sprechen Sie ihn dreimal gleichbleibend mit kurzen Pausen dazwischen – so als ob dadurch drei gleich große Punkte entstehen würden. Wiederholen Sie das auch mit „S“ und „Sch“ und anschließend mit der Reihe P-T-K. Achten Sie darauf, dass Ihre Punkte nicht „verwischen“, sondern Sie wirklich kurze Pausen dazwischen machen.
  4. Länger werden: Versuchen Sie, die einzelnen Punkte immer größer werden zu lassen beziehungsweise Ihren Ton lange zu halten. Mit etwas Training sollten Sie den Laut 45 bis 60 Sekunden halten können.
  5. Lautstärke variieren: Sprechen Sie den ersten Konsonanten leise und werden Sie bei der Folge immer lauter. Wie leise oder laut können Sie die Laute sprechen? Legen Sie dabei am besten die Hände auf Ihren Bauch, um die Änderungen der Atmung je Lautstärke zu spüren.

Unser Tipp: Weniger ist bei dieser Übung mehr. Halten Sie die Übungssequenzen kurz und trainieren Sie Ihre Atmung lieber öfter über den Tag verteilt.

3.   Hecheln und Erstaunen: Sport für das Zwerchfell

Um den wichtigsten Muskel zur Atmung, das Zwerchfell, außerdem zu trainieren, haben wir noch ein paar weitere Übungsvorschläge für Sie:

  1. Hände an die Seiten legen: Für die folgenden Schritte stützen Sie die Hände in die Taille. So können Sie die Veränderungen in Ihrer Atmung spüren.
  2. Hecheln: Fangen Sie zunächst damit an, wie ein Hund zu hecheln. Achten Sie dabei darauf, dass die Schultern nicht nach oben wandern. Fühlen Sie, wie Ihr Zwerchfell auf und ab schwingt?
  3. Erstauntes „Oh“ ausrufen: Eine weitere Möglichkeit, Ihr Zwerchfell zu spüren, ist durch ein erstauntes „Oh“. Spüren Sie, wie sich Ihre Seiten weiten? Sie können die Atemübung auch variieren, indem Sie das Erstaunen halten oder Sie es in Etappen ausstoßen, also die Luft einteilen. Achten Sie dabei darauf, dass Ihre Stimmbänder sich nicht schließen und verkrampfen sowie dass Ihre Atmung wirklich vom Zwerchfell gestützt wird.

4.   Das Trampolin: Die ersten Wörter fallen lassen

Nach den grundlegenden Übungen zur Atemtechnik, wollen wir nun das Gelernte auf die ersten Worte anwenden. Dabei hilft die Vorstellung eines Trampolins:

  1. Haltung einnehmen: Machen Sie es sich wieder bequem und nehmen Sie eine entspannte Haltung ein. Lockern Sie außerdem vorher Ihren Kiefer, indem Sie den Mund weit aufmachen, Sie Ihren Kiefer bewegen, gähnen und die Gelenke massieren.
  2. Töne fallen lassen: Stellen Sie sich vor, Sie würden die Worte, die Sie gleich sprechen auf ein Trampolin werfen. Das Trampolin ist dabei Ihr Zwerchfell, von dem die Worte zurückspringen. Versuchen Sie es einmal mit einfachen Worten wie „Hallo“, „Sonne“, „Haus“. Kontrollieren Sie dabei mit den Händen auf Ihrem Bauch, ob Ihre Atmung wirklich tief unten durch Ihr Zwerchfell gestützt wird.

Atemübung im Gesangsunterricht

5.   Lippenflattern: Die Auswärts-Atemstütze

Eine sehr weit verbreitete Atemübung beim Singen ist das Lippenflattern. Denn nur wenn Sie das Zwerchfell einsetzen, gelingt das Lippenflattern. Mit dieser Übung können Sie also den Muskel gezielt stärken. So funktioniert das Flattern der Lippen:

  1. Haltung einnehmen: Wie bei den vorherigen Übungen kommt es auch beim Lippenflattern auf die richtige Haltung an. Legen Sie zur Kontrolle Ihrer Atmung die Hände auf Ihren Bauch.
  2. Lippenflattern ohne Ton: Bringen Sie Ihre Lippen in Schwingung. Vielen hilft dabei die Vorstellung, wie ein Pferd zu schnauben oder den Motor eines Motorrades anzulassen. Die Lippen sollten dabei locker sein, die Mundwinkel hängen leicht nach unten und Sie spüren das Vibrieren Ihrer Lippen, sobald Sie einen Ton erzeugen.
  3. Lippenflattern mit Ton: Nachdem Sie Ihre Lippen erfolgreich zum Flattern gebracht haben, können Sie mit verschiedenen Tonhöhen experimentieren. Stellen Sie sich vor, Sie geben mit Ihrem Motorrad Gas oder fahren Kurven.
  4. Lautstärke variieren: Ihre Atmung beziehungsweise Ihr Zwerchfell können Sie auch trainieren, indem Sie lauter und leiser werden. Verbinden Sie die Veränderung der Lautstärke schließlich auch mit verschiedenen Tönen.

Die richtige Atmung beim Singen einsetzen

Nachdem Sie durch die Übungen erlernt haben, Ihren Atem zu spüren und die Atemstütze zu nutzen, können Sie die Atemtechnik auch beim Singen einsetzen. Am besten führen Sie die Atemübungen nochmals direkt vor dem Singen durch, um wieder ein Gefühl für die Atemstütze zu bekommen.

So geht das Singen mit der richtigen Atemtechnik:

  1. Nehmen Sie die richtige Haltung ein: Man kann es gar nicht oft genug erwähnen, wie wichtig eine gute Haltung für die Atmung und den Gesang ist. Stellen Sie sich zum Singen am besten hüftbreit hin. Das Gewicht sollten Sie gleichmäßig auf Ihre Fußsohlen verteilen. Am Anfang kann es außerdem helfen, dass Sie die Hände wieder auf den Bauch legen.
  2. Lockern Sie Ihren Kiefer und öffnen Sie den Hals: Bevor Sie zu singen beginnen, lockern Sie am besten durch Gähnen oder eine kurze Massage Ihre Kiefermuskulatur und sorgen Sie dafür, dass Ihr Hals offen und nicht verspannt ist.
  3. „Singen“ Sie zunächst die Melodie nur auf „A“: Konzentrieren Sie sich zunächst voll und ganz auf Ihre Atmung und lassen Sie den Text weg. Es reicht aus, wenn Sie die Melodie mit einem einfachen „A“ nachsingen. Fühlen Sie sich damit sicher, können Sie die Rhythmik dazunehmen und die „A“s so betonen wie die Wörter des Liedes später. Gelingt auch das, sind Sie bereit, das Lied mit Text zu singen.

Unser Tipp: Um zu prüfen, ob Ihre Atmung richtig ist, können Sie einmal mit und einmal ohne Atemstütze singen. Spüren Sie einen Unterschied? Aber aufgepasst, die richtige Atemtechnik hat natürlich immer Vorrang, um die Stimme zu schonen!

Atemtechnik beim Singen – Unsere Literaturtipps

Wenn Sie sich noch tiefer mit der Atemtechnik beim Singen beschäftigen wollen, greifen Sie am besten zu geeigneter Fachliteratur. Hier einige Werke, die sich mit Atmung und Atemübungen beschäftigen:

1.   „Crashkurs Singen“

Buchcover "Crashkurs Singen"

In „Crashkurs Singen“ von Alexandra Ziegler erhalten Sie zahlreiche praktische Atemübungen anschaulich erklärt. Mit der beiliegenden DVD sehen Sie die Atemtechnik direkt in der Praxis angewandt. Außerdem finden Sie in dem Werk noch viele weitere Übungen zu Stimmbildung und Co.

2.   „200 Einsing-Übungen“

Buchcover "200 Einsing-Übungen"

Klaus Heizmanns Werk „200 Einsing-Übungen für Chöre und Solisten“ hält nicht nur zahlreiche Atemübungen und Übungen zur bewussten Zwerchfellatmung fürs Singen bereit, sondern bietet darüber hinaus auch Übungen zu Resonanz oder Gehörbildung.

3.   Funktionale Stimmentwicklung

Buchcover "Funktionale Stimmentwicklung"

Wenn Sie es gerne wissenschaftlich mögen, empfehlen wir Ihnen das Werk „Funktionale Stimmentwicklung. Grundlagen und praktische Übungen“ von Cornelius Lawrence Reid. Darin finden Sie auch ein Kapitel speziell zur Atmung beim Singen.

Übung macht den Meister: Festigen Sie die richtige Atemtechnik

Die richtige Atmung bestimmt die Qualität Ihrer Stimme beim Singen und sorgt außerdem dafür, dass Ihre Stimmbänder gesund bleiben. Trainieren Sie also mit unseren Atemübungen regelmäßig die Zwerchfellatmung und setzen Sie dabei lieber auf mehrere kurze Trainingseinheiten über den Tag verteilt als auf eine lange Einheit.

Weitere Tipps zu Ihrem Gesang finden Sie außerdem in unserem Magazin, zum Beispiel in dem Artikel „Stimmbildung für den Chor: Drei inspirierende Übungen“ oder „3 einfache Einsingübungen für den Chor“.

Wir wünschen viel Spaß beim Singen!


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